Eine Nuklearexplosion zerstört die Kanareninsel La Palma. Die ins Meer abrutschenden Erdmassen verursachen einen Mega-Tsunami, der nahezu ohne Vorwarnung an der Ostküste Amerikas einschlägt. Dutzende Meter hohe Wellen fordern Millionen Menschenleben. Steckt hinter der Katastrophe in „Die Lösung der Ostküstenfrage“ die Rache eines ehemaligen Ostblock-Offiziers?
Im Ersten Kapitel lernen wir No. 1 kennen, Jeremy. Und erleben gleich, dass das ganze Buch vor Chiffres nur so strotzt. Jeremy ist Donald Trump. Das Imperium die USA. Die Ruthenen (Russland) unter Präsident Andrej (Putin) und Chryzanz (China) bilden den geopolitischen Gegenpol – und eigentlich fragt man sich die ganze Zeit: werde ich ein Chiffre übersehen? Und: warum schreibt er nicht gleich Klartext?
Warum wohl? Weil das Buch trotzdem noch Literatur ist. Es will eben kein fotografisches Abbild der Realität sein, keine Dokumentation – sondern Literatur, die überzeichnen darf, die färbt, die ihre eigene Version der Geschichte macht.
Das ist gut, berechtigt und auch sinnvoll. Allerdings konterkariert Alexander Keßler seinen literarischen Ansatz vor allem durch einen langatmigen Aufbau seiner Geschichte. Viel Vorgeschichte wird hervorgekramt. Der ostdeutsche Männerbund mit Verbindungen in die Sowjetunion wird in spektakulärer Breite eingeführt.Im Kalten Krieg klaut die Truppe amerikanische Atomminen, die in Westdeutschland vergraben werden. Und General Kleuthen bringt die „Küken“ nach der Wende auf die Kanaren.
Anstrengend wird die Lektüre vor allem auch dadurch, dass die Geschichte wenig strukturiert wird. Die großen Kapitel setzen thematische Schwerpunkte – aber mitten im Fließtext, nur durch einen Absatz getrennt, wechselt regelmäßig ohne jede Vorankündigung die Erzählperspektive.
Die Frage, ob man eine dystopische Science Fiction in Händen hält, einen Politthriller oder eine Agentengeschichte lässt sich nur passagenweise beantworten. Stilmix ist ja nett – aber ein durchgehender Ansatz hätte mir wahrscheinlich besser gefallen.
Über den Verlauf des Romans werden peu a peu Teile des Anschlagsplans publik. Aber in der Rivalität der Nationen und Geheimdienste versickern viele Hinweise. Und vielleicht sollen manche Hinweise gar nicht miteinander verknüpft werden?
Am Ende jedenfalls – und damit verrate ich sicher nicht zu viel, denn es steht ja schon im Klappentext – gehen die Atomminen hoch, der Tsunami rollt los und Millionen Menschen sterben. Auf rund 30 Seiten wird die Apokalypse ausgebreitet. Das hätte gern mehr sein dürfen. Und auch der Blick auf die Folgen kommt mir persönlich etwas zu kurz.
Fazit
Eine sehr, sehr geile Story (die übrigens nicht aus der Luft gegriffen ist, sondern sogar von der Technischen Universität Delft untersucht wurde) hat Alexander Keßler als Grundlage für seinen Roman ausgearbeitet. Sein Schreibstil hat einige Mühe bei der Lektüre gekostet. Durchgehalten habe ich das Buch vor allem, weil ich wissen wollte, wie es denn tatsächlich zum großen Knall kommt.
Über das Buch „Die Lösung der Ostküstenfrage“
Das 440 Seiten umfassende Buch ist Selbstverlag mit Books on Demand erschienen. Der weiße Umschlag trägt keinerlei Illustration. Unter der ISBN 9783740763732 ist das Buch unter anderem bei Amazon für 12,99 Euro als Paperback oder für 4,99 Euro als E-Book bestellbar.
Harald Faißt hat eine kurze Beschreibung des Buches bei „Bücher und eBooks“ gepostet. Auch beim Lamm im Schafspelz gibt es eine – ausführliche und gute – Rezension.
Klappentext
Mehr als 30 Jahre nach der deutschen Wende im Jahre 1989, ein Jahr vor der amerikanischen Präsidentenwahl 2020, mittendrin in all den Diskussionen um außergewöhnliche Klima- und Wetterphänomene nun ein Thriller, der all das in einem hoch aktuellen und fesselnden Plot vereint: Unzufriedenheit im Osten, die politischen Strategien vor der Präsidentenwahl in den USA und einen durch Menschen verursachten Mega-Tsunami: Die Lösung der Ostküstenfrage.
Über den Autor Alexander Keßler
Viel habe ich nicht gefunden über den Autor im Netz. Auf einer der Bestell-Seiten für das Buch habe ich einen Autoren-Selbstauskunft gefunden. In der beschreibt er sich wie folgt: „Alexander Kessler, Anwalt zunächst in einer US-amerikanischen Kanzlei, dann einer deutschen Großkanzlei, ab 1996 Unternehmensjurist, ab 2001 selbständige Praxis. Lebt seit 2014 in den USA und widmet sich in Vollzeit dem Schreiben.“