Apokalypse Pallantau - Arno Endler - Buchcover

Apokalypse Pallantau – Arno Endler

Apokalypse Pallantau von Arno Endler nimmt uns mit auf den kolonialisierten Exoplaneten Rannuiemmi, der in einigen hundert Jahren (von heute aus) Heimat für eine große Zahl von menschlichen Siedlern geworden ist. Die Bedingungen scheinen ideal: gutes , viel Wasser, ertragreiche Böden sind wie dafür gemacht, Farmer zu versorgen. Bis der Planet beginnt, sich gegen die Eindringlinge von der Erde zu wehren?

In zwei parallelen Handlungssträngen lernen wir zuerst den Farmer Parrer, seine hochschwangere Frau und die drei Studentinnen kennen, die auf der Farm aushelfen. Zusammen mit dem halbintelligenten, auf Pallantau heimischen Nutztier Ichmach werden sie von der Evakuierungsnachricht der Planetenverwaltung überrascht und begeben sich auf die verzweifelte zum Startplatz für Raumfahrzeuge. Irgendetwas ist mit der Stromversorgung des Planeten schiefgelaufen. Datennetze brechen zusammen. Bislang unerforschte Würmer tauchen aus dem ansonsten lebensarmen Meer auf – und haben Hunger. Hunger auf menschliche Innereien.

Daneben erfahren wir in Fragmenten, die den Kapiteln vorangestellt sind, die einer Künstlichen Intelligen (Tolveyk) und eines Parentes (ein Überwesen, dass die Menschheit lenkt und behütet). Nun mag ich ja Fragmentgeschichten seit den „Lebensansichten des Kater Murr“ von E.T.A. Hoffmann nicht mehr sonderlich. Aber wenigstens sind Endlers Makulaturblätter (oder besser: Dateien) in chronologischer Reihenfolge. Offensichtlich nähern sich beide Plots auch einander an. Was es aber mit dem seltsamen Virus auf sich hat, der den Menschenraum befällt, ob er heilbar ist und wie es mit dem Planeten Rannuiemmi zu Ende geht, muss der Leser selbst herausfinden. Nur so viel: Im Leben und Sterben, in Geburt und Tod, begegnen sich die beiden Plots.

Wem der Stoff gefällt, der dürfte bei den alten Klassikern in Robert A. Heinleins Pioniere im Weltall fündig werden, der eine ähnliche Community von Weltraumfarmern beschreibt – freilich ohne einen ganz so apokalyptischen Hintergrund. Außerdem erinnerte mich die Atmosphäre des Romans stark an Sakyo Komatsu und seinen Roman Japan sinkt.

Die Unterscheidung von drei unterschiedlichen Rassen oder irdischen Lebensformen lässt mich an zwei weitere große Werke denken: Neben Menschen und Parentes gibt es bei Endler noch die Negrudac, die Schwarzträumer. Sie sind die Piloten der Raumschiffe, die mit einem quantentheoretischen Treppenwitz durch das Weltall zappen. Benutzen nicht die Navigatoren von Frank Herberts Wüstenplanet Dune ähnliche Geschicke? Und auch bei Becky Chambers' Der lange Weg zu einem kleinen, zornigen Planeten manövriert Navigator Ohan, der Sianat, mittels einer speziellen Begabung das Schiff durch interstellare Tunnel. Der aber gerade wegen einer Infektion mit einem Neurovirus. Aber ich schweife ab… 😉

Frauen sind ganz selbstverständlich die Akademiker in Apokalypse Pallantau. Der einzige männliche Protagonist Parrer ist als Mann ein Farmer. Gleichgeschlechtliche Beziehungen sind offenbar erst seit kurzer Zeit den heterosexuellen gleichgestellt. Kommuniziert wird über Handgelenksgeräte, Interaktion mit Netzen und Künstlichen Intelligenzen findet selbstverständlich sprachgesteuert oder mit Hologrammen statt. Auch sprachlich hat Endler ein paar Mal weit in die Zukunft geschaut (‚Palla-Dung‘ ist das Äquivalent unseres Fluchens mit Fäkalbezug). Grundsätzlich reicht mir das aus, um die schöne, sterbende Welt von Rannuiemmi glaubhaft in Szene zu setzen, ohne gekünstelt zu wirken.

Fazit

16 Euro sind ein stolzer Preis für die Paperback-Ausgabe. Was ich aber versprechen kann: es ist ein unglaublich spannender Text, den ich in 24 Stunden verschlungen habe. Arno Endler ist ein Autorenname, der mir definitiv im Gedächtnis bleiben wird. Und ich würde mich freuen, wenn wir erfahren dürften, wie das Pallantau-Universum sich fortentwickelt.

Über das Buch Apokalypse Pallantau

Apokalypse Pallantau - Arno Endler - Buchcover
Apokalypse Pallantau – Arno Endler – Buchcover

Im Rahmen von „heise : Welten“ ist Apokalypse Pallantau 2019 bei Hinstorff in Rostock als Paperback und E-Book (12 Euro) erschienen. Herausgeber ist Jürgen Kuri, viele Jahre stellvertretender Chefredakteur von c't, seit 2012 stellvertretender Chefredakteur von heise online. Als Lektor fungierte Thomas Gallien, das Titelbild ist mit Adobe Stock-Material von neillockhart erschaffen worden. Die Printausgabe umfasst 256 Seiten und ist auffindbar unter der ISBN 9783356022582.

Klappentext zu Apokalypse Pallantau

Ein ganzer Planet schien gegen eine Plage auf seiner Oberfläche zu kämpfen, sorgte für den Exodus der Menschen, tilgte die Spuren der Besiedlung. Rennuiemmi, ein im Jahr 2625 entdeckter Planet, der wie ein Paradies wirkt. Ideal für Farmer und ihre Familien, die hier ein einfaches, aber weitgehend sorgenfreies Leben führen. Bis eines Nachmittags die Erde zu beben beginnt. Und ein Wettlauf gegen noch viel größeres Unheil seinen Anfang nimmt…

Hinstorff über Apokalypse Pallantau

Milliarden Menschen kolonisieren Planeten, deren Ökosysteme das Überleben ermöglichen. Die Erde, Ursprung genannt, ist für viele nicht mehr als ein Mythos, von wenigen Auserwählten bewohnt, den Parentes, die die Schicksale der Menschheit lenken. Doch dann ereignet sich in einer Kolonie unerwartet eine geothermische Katastrophe. Eine Familie, bei der Evakuierung vergessen, muss versuchen, den Raumhafen zu erreichen. Die Technik, an die sich die Menschen gewöhnt haben, versagt, der Countdown läuft unerbittlich ab. Und welchen Plan verfolgen die Parentes? Welche Entwicklung ist möglich angesichts von evolutionierenden Künstlichen Intelligenzen? Und findet sich ein Heilmittel gegen eine den Bestand der Menschheit bedrohende Seuche? Arno Endler erzählt spannend von der Auseinandersetzung zwischen der Natur und dem Glauben der Menschen, sie beherrschen zu können. Und gibt zudem seine Antwort auf die Frage, was Mensch und Maschine unterscheidet.

Über den Autor Arno Endler

Arno Endler, der ein wenig die Öffentlichkeit scheut und nach eigenen Angaben 1965 geboren wurde, schreibt seit 2016 in der Stamm-Mannschaft der Perry-Rhodan-NEO-. Außerdem sind bisher fünf Bände der John-Mayer-Reihe erschienen, dazu zahlreiche Geschichten in der c't und deren artverwandten Anthologien.

Im Atlantis-Verlag ist 2015 der Erstlingsroman Paracelsus von Arno Endler erschienen. Ein Jahr zuvor erschien bei p.machinery die Kurzgeschichtensammlung „Am Anfang“. Mehr Informationen über den Autor gibt es auf seiner Webseite.

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