Wir haben heute einen kleinen Ausflug gemacht zu zwei Juwelen im Landkreis Wittenberg: den öffentlichen Mini-Bibliotheken in Zschornewitz und Wörlitz. Was sich dahinter verbirgt? Ein tolles Konzept, wieder mehr Menschen mit Büchern in Kontakt zu bringen. Und was hat das alles mit einer Telefonzelle zu tun?
Telefonzelle in der Nebenstraße: die Bücherbox in Zschornewitz
Mir war so, als gäbe es in Zschornewitz eine Telefonzelle mit eingebautem Bücherschrank. Unser Erkundungsflug quer durch das Dörfchen blieb aber erfolglos – und erst eine kurze Internet-Recherche auf dem Handy brachte uns zum Beitrag der Mitteldeutschen Zeitung über das Hobby der Medizinerin Birgit Untersänger, die vor ihrer Praxis eine ausrangierte Telefonzelle aufgestellt hat, in der vom Sachbuch bis zum Kitsch-Roman alle möglichen Arten von Literatur vorhanden sind, die man sich ausleihen oder mitnehmen darf.
In Zeiten des flächendeckenden Einsatzes von Mobiltelefonen haben viele der gelben Blechhäuschen ausgedient. In einem Waldstück in der Nähe von Michendorf stehen diese „auf Halde“ und warten bessere Zeiten – oder eben auf neue Besitzer. Der Tagesspiegel hat das „Fernmeldezeugamt“ im Jahr 2014 mal besucht.
Witzigerweise ist die Zschornewitzer Telefonzelle nicht in der Übersicht der öffentlichen Buchausleih-Regale und -zellen enthalten. Wenn ich mich mal wieder etwas in Wikipedia-Syntax eingearbeitet habe, ergänze ich das mal. Bis dahin würde ich mich freuen, wenn das jemand für mich übernehmen könnte.
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Die Bücherbox steht im Gräfenhainichener Ortsteil Zschornewitz im Goethehain.
Achtung, freilebende Bücher in Telefonzelle in Wörlitz
Wo besser als in Wörlitz könnte eine Telefonzelle als öffentliche Mini-Bibliothek stehen? Hier an diesem Ort, an dem der alte Fürst die Aufklärung betrieb und das Wissen und Denken seiner Zeit versammelte. Dafür gesorgt hat Familie Thomae – und auch gleich noch eine Bank dazu spendiert, die zum Schmökern einlädt.
Als wir ankamen, standen wir auch prompt Schlange. Ein netter Herr hatte mit dem Fahrrad eine Rast eingelegt und durchstöberte von links oben nach rechts unten die Buchrücken. Interessant an der Telefonzelle in Wörlitz (die übrigens rund um die Uhr zugänglich und deswegen sogar beleuchtet ist): hatte man in Zschornewitz einen Bereich auf dem Fußboden für Romane angebaut, muss in Wörlitz ebenfalls das Erdgeschoss genutzt werden: der vielen freigelassenen DVDs wegen.
„Geben – Nehmen – Tauschen – Teilen“, das steht unter dem Motto der Zelle „Liberti Libri“ – also „Befreite Bücher“. Das Konzept ist interessant: Du nimmst ein Buch aus deinem heimischen Bücherschrank, registrierst es zum Beispiel auf der Seite von BookCrossing und lässt es dann frei. Danach kannst du den Weg des vogelfreien Buches auf der Webseite verfolgen. Ich werde das in Zukunft auch mal ausprobieren.
Bei allen öffentlichen Mini-Bücher-Zellen lebt das Konzept übrigens vom Mitmachen. Es sollte zwar selbstverständlich sein, aber ich spreche es dennoch mal hier an: Wer etwas aus der Zelle entnimmt, tut besser auch ein anderes Buch (gern auch mehr) hinein – damit die Energie-, Karma- und Bücherbilanz auch in einigen Jahren noch stimmt.
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Die Telefonzelle mit Bücher- und DVD-Regal befindet sich in Wörlitz in der Erdmannsdorffstraße.
Gibt es noch weitere öffentliche Bücherzellen/Bücherregale im Landkreis Wittenberg oder der näheren Umgebung? Dann würde ich mich über einen Hinweis in den Kommentaren freuen.
Wo kommt sie her, die Telefonzelle?
In einem Wald bei Michendorf stehen die gelben und rosa-grauen Relikte einer handyfreien Vergangenheit. Dort werden aus den hunderten Zellen neue zusammengesetzt – und dann angeblich wieder im ganzen Bundesgebiet aufgestellt. Naja, wer’s glaubt…
Ich jedenfalls habe schon lange keine mehr in freier Wildbahn wirklich wahrgenommen. Meine letzten Berührungen waren Splitter von gesprengten Zellen rund um Silvester. Wann hast du zuletzt aus einer Telefonzelle heraus telefoniert?
Wenn dieser Beitrag Interesse geweckt hat: mittlerweile habe ich auch eine Motorradtour entlang von sieben Bücherzellen in Mitteldeutschland gemacht.
Danke, lieber Alex, für den tollen Tipp! Ich wusste nicht, dass es in unserer Umgebung Bücherzellen gibt. Das Konzept ist großartig, Bücher sind schließlich da, um gelesen zu werden. Da werde ich auf jeden Fall mal ein paar ausgelesene Krimis schnappen und sie reinstellen – vielleicht finden sie dann auch ein neues zuhause 🙂
Ich trage mich gerade mit dem Gedanken, selbst so eine Zelle aufzustellen.