Heute reise ich mal nicht in die Zukunft phantastischer Science Fiction, sondern in die Geschichte der Deutschen, besser noch: der Sachsen, ins 10. Jahrhundert. Peter J. Worsch ist so freundlich, mich mitzunehmen in die Welt von „Der Rote Milan – Paladin des Königs“, und springt mit mir als Leser direkt in die Lebensgeschichte von Kaiser Otto I., dem Großen.
Nicht nur heute bin ich meiner alten Geschichtslehrerin Frau Oertel dankbar, dass sie mit uns Merkzahlen gebimst hat, bis sie uns zu den Ohren herauskamen. Und unter den Merkzahlen, die bis heute festhängen, ist nicht nur die Kaiserkrönung Karls des Großen (800 n. Chr.), sondern eben auch die Schlacht auf dem Lechfeld 955 n. Chr. Und in die direkte Vorgeschichte dieser epochalen Feldschlacht tauchen wir ein. Sie wird der große Sieg eines sächsischen Herrschers in Ostfranken gegen die Ungarn. Und gleichzeitig der Befreiungsschlag für einen jungen König, der von allen Seiten außerhalb seines Reiches, aber auch innerhalb der eigenen Familie ständigen Attacken ausgesetzt ist.
Worsch bedient sich des beliebten Tricks, einige fiktive Charaktere neben die historischen Personen zu stellen.
Im Dunkel der Zeiten sind aber auch real existierende Personen so untergegangen, dass der Autor sie für die Story wiederbelebt. Larissa etwa, die für Historiker heute eine namenlose Slawenprinzessin ist, wird eine der großen Figuren des Romans. Auch Tugumir, ihr Bruder, ist in über tausend Jahren Geschichte nur ein Schemen geblieben. Er tritt zwar nur am Rande der Geschichte auf, spielt da aber eine ganz andere Rolle als etwa in Rebecca Gables Otto-Romanen „Das Haupt der Welt“ und „Die fremde Königin“.
Worschs großes Verdienst ist es, über mehr als 500 inhaltsschweren Seiten Spannung aufzubauen und zu halten. Und das funktioniert sogar, wenn er zur Wissensvermittlung nette, für den Verlauf der Handlung aber völlig überflüssige Szenen im Text auftauchen lässt: im richtigen Leben geht es eben auch nicht immer geradlinig zu. Und wer weiß schon im Vorfeld, ob eine bestimmte Begegnung später im Buch noch wichtig wird?
Eventuell hält er sich über diese Handlungs-Sackgässchen sogar einen Schlupfwinkel für eine Fortsetzung offen? Ich würde sie jedenfalls gern lesen. Was sie aber auf jeden Fall bringen: die Figuren werden lebendig. Heinrich wächst dem Leser ans Herz, genau wie seine junge Geliebte Alette, der eifrige Knappe Larissas, der verwundete Konrad oder der mannhafte Sizzo. Wenn es am Ende des Buches schwer wird, von den Helden Abschied zu nehmen, dann hat der Autor alles richtig gemacht.
Fazit
Spannend geschriebenes Abenteuer rund um Kaiser Otto I., den Großen, das mit viel Lokalwissen, plastischen Figuren und routinierter Schreibe fesselt. Wer sich literarisch im Mittelalter wohl fühlt, kann bedenkenlos zugreifen. Das Lektorat des Buches kann sich sehen lassen.
Über das Buch Der Rote Milan – Paladin des Königs
Erschienen ist Der Rote Milan im Dezember 2019 im Verrai-Verlag in Stuttgart. Das Titelfoto des Paperback-Bandes stammt von Wolfgang Hock. Die ISBN lautet 978-3-946834-89-2. Für die 530 Seiten wird ein Ladenpreis von 21,90 € aufgerufen.
Klappentext
In die sagenumwobene Welt des Mittelalters führt uns Peter Worschs Roman „Der Rote Milan – Paladin des Königs“.
Im Zentrum steht die Regentschaft Ottos im 10. Jahrhundert. Zunächst muss dieser seine innerfamiliären Rivalen in Schach halten. Vor allem seine Brüder trachten nach seiner Macht. Ihm gelingt es zwar diese zu besiegen, aber damit ist die Frage nach einer Aussöhnung noch nicht beantwortet. Und dann greifen noch die Ungarn an, die das Reich in seiner Existenz bedrohen. Wird der gemeinsame äußere Feind die innenpolitischen Gräben kitten?
Das auf wahren historischen Hintergründen beruhende Buch schafft es uns authentisch in die Welt des Mittelalters eintauchen zu lassen. Hervorzuheben ist vor allem der Blick für die kleinen und großen Details des mittelalterlichen Lebens.
Über den Autor Peter J. Worsch
Im Vorwort schildert Peter J. Worsch, dass er auf die Idee zum Buch gekommen ist, als er bei einer Stadtführung gefragt wurde, warum er seine lebhaften Schilderungen nicht als Buch zusammenfasst. Seit einigen Jahren lebt der gebürtige Regensburger im Gebiet der Drei Gleichen, kann die Mühlburg aus seinem Arbeitszimmer sehen. Worsch ist Mitglied der Literaturwerkstatt des Krügervereins Neudietendorf und mehrfacher Großvater. Der Rote Milan ist ihnen – darunter auch einer kleinen Larissa – gewidmet.
Sehr gut recherchiert und hervorrangend schriftstellerisch ergänzt ergibt eine spannende Literatur.
Besonders gut für lange Winterabende weil man das Buch nicht gern aus der Hand legt.