Japan sinkt - Sakyo Komatsu - Schutzumschlag und Einband

Japan sinkt – Sakyo Komatsu

Ein erschreckendes Szenario zeichnet Sakyo Komatsu in seinem wissenschaftlich-phantastischen Roman Japan sinkt – nämlich das vom buchstäblichen Untergang der Industrienation in Fernost. Und auch wenn diese schreckliche Zukunftsvision ohne (viel) Raumfahrt, Laser und anderen Firlefanz auskommt, so versteht er doch, in seiner Geschichte eine Fabel zu erzählen, die intensiv zum Nachdenken anregt.

Im Zentrum der Handlung steht dabei Toshio Onodera, Unterseeforscher und Tiefseetaucher von der Meeresbodennutzung. Gleich vom Start weg taucht er mit dem Leser (sorry für das Wortspiel) in das Drama des Buches ein, als eine namenlose Insel vor der Küste Tokios über Nacht verschwindet. In einer unermüdlichen wissenschaftlichen Geheimmission wird bald klar: die geologischen Verhältnisse innerhalb der Erdkruste werden im westlichen Pazifik kollabieren. Innerhalb weniger Monate wird Japan von der Plattentektonik unter die Meeresoberfläche gezogen.

Aber was macht man in so einer Situation als Wissenschaftler? Wie handelt man als Premierminister eines Landes, dass demnächst untergehen wird? Welche Entscheidungen kommen auf den Privatmann und Junggesellen Onodera zu, der von seinem Chef mit der schönen Reiko verkuppelt werden soll?

Krise für die Gesellschaft und das Individuum

Zusammen mit dem Professor für Meeresgeologie Yukinaga und Tadokora, einem Geophysiker, geht die Geheime Forschungsstelle des „Plan-D“ ans Werk, um einerseits den Zeitplan der Katastrophe vorherzusagen, andererseits die Evakuierung der gesamten vier Hauptinseln vorzubereiten. Kann man das verheimlichen vor der Presse? Im Hintergrund zieht der über hundertjährige Watari ein paar Fäden, um die Operation gelingen zu lassen. Der Alte im Rollstuhl wird eine Art graue Eminenz hinter der Politik sein – so richtig kommt das aber im Buch nicht heraus. Das mag daran liegen, dass die deutsche Übersetzung, die auf der amerikanischen Übersetzung basiert, ungefähr nur ein Drittel des originalen Stoffes der Originalausgabe von Japan sinkt enthält. Ein Jammer.

Denn bei aller Verliebtheit in technisch-wissenschaftliche Details, die Komatsu beim Schreiben an den Tag legt, hat seine Geschichte doch auch große Atmosphäre und Spannung (ich habe das Buch in zwei Tagen verschlungen).

Wie sagt man 110 Millionen Japanern, dass ihr Land untergeht und sie umsiedeln müssen? Der Konflikt wird ins Private gespiegelt: Wie sage ich meinem Bruder, dass er den Job in Kanada annehmen und mit seiner Familie möglichst schnell gehen soll? Wie geht der Protagonist mit der Verlust der Geliebten um? Gibt er sich auf? Wächst er über sich hinaus?

Eines steht, ohne zu viel Spoileralarm zu geben, fest: Komatsu hält große Stücke auf sein Land und seine Menschen – die vor gerade erst 28 Jahren einen Weltkrieg verloren haben. Eventuell erklärt das auch, warum Japan sinkt bis heute ein großer Klassiker in seinem Heimatland ist. Zweifach wurde der Stoff verfilmt (zuerst im Jahr des Erscheinens des Buches, dann noch einmal 2006), zahlreiche Adaptionen folgten, Satiren, eine Fernsehserie. Und gerade vor dem Hintergrund des großen Kobe-Erdbebens und der Katastrophe von Fukushima bleibt der Stoff wohl leider auch in Zukunft weiterhin interessant.

Fazit

Japan sinkt - Sakyo Komatsu - Karte zur Orientierung auf der Innenseite
Japan sinkt – Sakyo Komatsu – Karte zur Orientierung auf der Innenseite

Mit der großen, hymnenhaften Musik von Joe Hisaishi im Ohr musste ich tatsächlich an einigen Stellen am Ende von Japan sinkt mit den Tränen kämpfen. Wenn man sich der Aufgabe stellt, die japanischen Namen von Figuren und Orten zu memorieren, dann ist der Untergangsroman eine echte Empfehlung – die man gern auch in einer ungekürzten Fassung lesen würde.

Von Sakyo Komatsu habe ich hier im Phantastischen Bücherschrank auch Der Tag der Auferstehung rezensiert.

Über das Buch Japan sinkt

Japan sinkt - Sakyo Komatsu - Schutzumschlag und Einband
Japan sinkt – Sakyo Komatsu – Schutzumschlag und Einband

Japan sinkt ist 1973 unter dem Originaltitel 日本沈没 (Nippon Chimbotsu) erschienen. In der DDR erschien der wissenschaftlich-phantastische Roman 1979 nach einer Übersetzung aus dem Amerikanischen von Klaus Schultz im Verlag Volk und Welt Berlin für 8,40 Mark. In der Bundesrepublik Deutschland mussten sich die Leser bis 1985 gedulden – da wurde das Buch von Moewig in Rastatt verlegt.

Klappentext

Weder das Leben auf der Erde in ferner Zukunft noch Reisen zu unbekannten Planeten oder Roboter, die den Menschen beherrschen, sind Gegenstand dieses wissenschaftlich-phantastischen Romans. „Japan sinkt“ knüpft unmittelbar an die Wirklichkeit unserer Tage an und zeichnet sich durch realistische Schilderung aus, ist aber dennoch ein Buch über eine Hypothese. Diese gibt den idealen Ausgangspunkt für ein dramatisches Romangeschehen ab, in dem Aktion und wissenschaftlicher Hintergrund in geradezu beispielhafter Weise miteinander verflochten sind. Der bedeutende japanische SF-Schriftsteller baut seine Theorie vom Versinken Japans auf den neuesten Forschungsergebnissen verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen und den jüngsten technischen Errungenschaften auf, und er entwickelt sie mit bestechender Präzision. Sein Werk ist ernst zu nehmende Science Fiction, die von der Sorge um die Zukunft der menschlichen Zivilisation getragen ist. Komatsus Vision einer Naturkatastrophe beinhaltet eine unmissverständliche Warnung vor den Gefahren, die gegenwärtige sozialökonomische und politische Entwicklung Japans in sich birgt. Seine Darstellung des japanischen Volkes in einer extrem kritischen Situation verrät Vertrauen zum Menschen.

Japan sinkt im Internet

Die Zeit hat dem Roman anlässlich des Tohoku-Bebens eine Betrachtung gewidmet. Das Buch wurde mehrfach verfilmt. Im Japanische-Literatur-Blog geht es um das Buch, einen Vergleichseindruck der beiden Filme gibt es hier.

Über den Autor Sakyo Komatsu

Sakyo Komatsu, der Autor und Manga-Künstler (unter dem Pseudonym Mori Minoru) wurde am 28. Januar 1931 geboren. Er zählt neben Kobo Abe (den wir von den Totaloskopen kennen, die Angela und Karlheinz Steinmüller in ihrem Roman Andymon nutzen) zu den bekanntesten japanischen Science-Fiction-Schriftstellern.

Ein ausführliches englisches Interview mit Sakyo Komatsu über seinen schriftstellerischen Werdegang, die Entdeckung von Stanislaw Lem und den Gebrüdern Strugazki im Westen und die Giftgasanschläge in der Tokioter U-Bahn durch die Aum Shinrikyô-Sekte gibt es hier.

Darin gibt er unter anderem Geheimtipps zum Lesen, die ich gleich mal auf meine Bucket List setze: The Door Into Summer von Robert A. Heinlein, Jashûmon von Takahashi Kazumi und Pacem in Terris sowie The Japanese Apache von Sakyo Komatsu selbst.

Sakyo Komatsu stirbt 2011 in einem Krankenhaus in Osaka.

3 Kommentare

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