Der Kontinent der Lügen - James Morrow - Buchcover

Der Kontinent der Lügen – James Morrow

Der Kontinent der Lügen von James Morrow nimmt uns mit in eine ferne Zukunft, die gar nicht so anders ist, als unsere jetzige Zeit. Die menschliche (westliche?) Gesellschaft übt sich in Dekadenz – und wir gucken durch die Feder des Autors dabei zu.

Werden wir heute bombardiert von Sinneseindrücken via Film, Radio, Internet und Online-Gaming, so ist der Lieblings-Zeitvertreib der Menschen aus dem Kontinent der Lügen der Genuss eines Zephapfels. In dieser Frucht sind Träume „eingewoben“, die drehbuchmäßig von einer ganzen Traumindustrie zum Konsum hergestellt werden. Von Abenteuer bis zu Porno, von Horror bis Snuff-Movie reicht die Palette der Angebote.

Protagonist Quinjin ist Traum-Kritiker. Er ist auf der Suche nach dem ultimativen Horror-Traum, der von dem verrückten Ex-Traumschul-Studenten Kusk hergestellt wurde, um damit ein zweites Vorka-Massaker (eine Art Massenpsychose) anzurichten.

Mit seiner Ex-Geliebten, seiner pubertierenden Tochter und einer ganzen Reihe illustrer Gestalten macht sich Quinjin auf den Weg, den Baum zu vernichten, an dem dieser spezielle Traumapfel reift – und setzt damit die Segel zu einer Reise tief in seine eigene Psyche und die seiner Tochter.

James Morrow, der alte Gottesleugner, wird dabei auch zutiefst religiös. So schafft Kusk mit seinen Zeph-Apfel-Ambitionen die Grundlage für eine galaxieumspannende Zwangsreligion, in der er selbst im Zentrum steht. Dazu kommt noch eine Menge altgriechischer Geschichte um Thyestes (Inzest, Kannibalisierung des eigenen Kindes) und die Hamadryaden (Baum-Nymphen). Aber im Großen und Ganzen bildet Morrows Roman zwei Parabeln vollständig aus: Zephapfel-Träume als das Gegenstück zur Unterhaltungsindustrie unserer Gesellschaft und der Apfel (oder die „verbotene Frucht“ des Sündenfalles) als Symbol der christlichen Mythologie im biblischen Garten Eden.

Weiter zur Handlung: Nach der Zerstörung eines falschen Baumes unter erheblichen Opfern stellen die Protagonisten fest, dass sie belogen wurden. Quinjins Tochter schluckt – um die Spannung zu erhöhen – einen der verhängnisvollen Äpfel und verliert den Verstand – bzw. wird zu einer Jüngerin der neuen Religion. Die Rächer-Truppe findet den richtigen Baum und tötet diesen unter großen Opfern, nur um festzustellen, dass sie wieder belogen wurden. Dann geht es dem Schöpfer der Baum-Träume Kusk an den Kragen. Ob Quinjin hier wieder belogen wird, oder ob er selbst zum Lügner wird, um seine Tochter zu retten – und ob ihm gerade dies gelingt, erfährt der geneigte Leser im Buch.

Fazit

Moralphilosophie meets Space-Punk in Der Kontinent der Lügen. Auch, wenn man Morrows Gotteslästerlichkeit nicht mag, nimmt der Witz und das Tempo der Geschichte den Leser mit, auch wenn es manchmal echt ans klassische Bildungseingemachte zwischen Shakespeare und Homer geht. Spannend bleibt der Roman bis zu letzten Seite.

Über das Buch Der Kontinent der Lügen

Der Kontinent der Lügen - James Morrow - Buchcover
Der Kontinent der Lügen – James Morrow – Buchcover

Der Roman Der Kontinent der Lügen ist 1992 als Paperback bei Heyne unter der SF-Nummer 4925 erschienen. Er trägt die ISBN 9783453058460. Herausgeber ist – wie so oft – Wolfgang Jeschke. Das Buch ist dem Vaters des Autors William Morrow gewidmet. Im Original hieß das Buch „The Continent Of Lies“ und erschien 1984 bei Holt, Rineheart and Winston in New York, USA. Übersetzt wurden die 362 Seiten von Peter Robert. Jörg Remé malte das Umschlagbild.

Klappentext

Äpfel standen schon früh im Verdacht, Quell teuflischer Inspiration zu sein, zumal wenn sie vom Baum der Erkenntnis stammten. Gentechnisch hat man diese Sache natürlich längst im Griff. Auf manchen Planeten wachsen Früchte, die unglaubliche Träume induzieren; und es gibt Menschen, die alles dafür geben, um in ihren Genuß zu kommen – und sei es das eigene Leben.

Über den Autor James Morrow

Geboren wurde James Morrow am 17 März 1947 in Germantown, Philadelphia. Er studierte unter anderem in Pennsylvania und Harvard und beschäftigte sich vor seiner Schriftstellerkarriere mit dem Medium Film.

Neben Science Fiction und Fantasy hat er auch historische Romane geschrieben. Mit Hilfe von Satire behandelt er in seinen Büchern theologische und philosophische Fragen.

Sein erster Roman The Wine Of Violence erschien 1981. Die drei lose verknüpften Romane Towing Jehova, Blameless in Abaddon und The Eternal Footman fanden ein großes Publikum. Der erste Band wurde sogar mit dem World Fantasy Award ausgezeichnet.

Auf meiner Leseliste steht neben den beiden Sequels zu Das Gottesmahl definitiv auch This Is the Way the World Ends (deutsch: So muss die Welt enden).

Derzeit lebt er in Pennsylvania mit seiner zweiten Frau Kathy, einem Sohn und zwei Hunden. Mit Kathy hat er unter anderem einen Lehrplan für Mittelschulen herausgegeben, der das Werk Tolkiens in öffentliche Schulen bringen soll. Außerdem beschäftigen sich beide gern mit europäischer Science Fiction.

Mehr Informationen über James Morrow gibt es auf seiner Homepage.

Hier im Phantastischen Bücherschrank habe ich Das Gottesmahl und Der Kontinent der Lügen unter die Lupe genommen.

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