Besuch aus dem All - Wolf-Dieter Spiethoff - Illustration Karl Fischer - Buchcover

Wolf D. Spiethoff – Besuch aus dem All

Eigentlich lässt sich die Geschichte von Besuch aus dem All in wenigen Sätzen zusammenfassen: Außerirdische besuchen zum ersten Mal die Erde. Trotz hartnäckigster Versuche wird keine verbale Kommunikation zwischen den „Kosmoniden“ und den Menschen zustande kommen. Trotzdem scheiden beide Zivilisationen friedlich voneinander – und nicht für immer.

Die Problematik des Ersten Kontakts wird von Spiethoff tief durchdacht: nicht nur, dass die Wesen nicht humanoid, sondern eher wie übergroße Kellerasseln aussehen, sich nicht per Schall, sondern Ultraschall verständigen, keinen Sauerstoff atmen, tödliche Krankheiten (wie die ersten Entdecker in Amerika) einschleppen, gegen die die menschliche Medizin machtlos ist…die Aufzählung könnte noch einige Zeit weitergehen.

Was dem interessanten Ansatz aber einigen Abbruch tut ist die Tatsache, dass Spiethoff fast gänzlich auf eine tiefere Handlung verzichtet, kaum Figuren entwickelt.

Dabei bietet die Story viele Ansatzpunkte: die sowjetischen Kosmos-Forscher in Baikonur, die das Raumschiff entdecken, sind skeptisch. Die Amerikaner schießen drauf.

Die Schwierigkeiten der Kommunikation werden auf einem sehr analogen Level angepackt: einem riesigen leuchtenden Ring am Himmel wird innerhalb eines Tages eine Batterie Scheinwerfer in Zwei-Kilometer-Ringform entgegengestellt, völlig problemlos. Dagegen führt der Blitzlicht-Kondensator eines Pressereporters fast zum Abbruch der interstellaren Beziehungen.

Schnell werden simpelste nonverbale Kommunikationsformen entdeckt (Ein „Ja“ etwa über die Hoch-Runter-Bewegung von Extremitäten, „nein“ sagt man dagegen waagerecht. Dann geht Spiethoff aber offenbar die Phantasie aus – viel mehr werden die beiden Spezies nicht miteinander besprechen.

Dagegen tauscht man Fotografien aus (die der Kosmoniden sind leicht überbelichtet und reichen im Farbspektrum von Rosa bis Grün), in ihrem Raumschiff, dass die irdischen Forscher problemlos besuchen dürfen, herrscht Überdruck einer nicht atembaren, kühlen Atmosphäre, die mit Lachgas funktioniert.

Besuch aus dem All - Wolf-Dieter Spiethoff - Illustration Karl Fischer - Buchcover
Besuch aus dem All – Wolf-Dieter Spiethoff – Illustration Karl Fischer – Buchcover

Und in einem Science-Fiction-Erstling aus den frühen 1970ern darf wohl auch ein wenig Weltanschauung nicht fehlen. Fraglich ist aber, ob die Besucher vom anderen Stern so scharf sind auf einen Trip nach Moskau, um dort den Roten Platz, den Kreml und – ohne Witz – das Lenin-Mausoleum zu besuchen. Prompt reißt sich auch einer der Besucher von außerhalb den Raumanzug auf und muss mit Feuerwehr, Krankenhaus und Luftwaffe rasch zurück in sein Raumschiff gebracht werden.

Dennoch bringt der Moskau-Besuch noch einen messbaren Erfolg: im Planetarium entdecken die irdischen Forscher, dass der Heimatplanet der Kosmoniden am Stern Tau Ceti im Sternbild Walfisch liegt und „nur“ 11,8 Lichtjahre entfernt ist.

Trotz dreier tragischer Todesfälle schafft Spiethoff es auch zum Ende des Büchleins nicht, richtig Spannung aufzubauen. Der Physiker Lawski, der aufgrund seiner geringen Größe am besten im kleinen Raumschiff der Außerirdischen herumkraxeln kann, erkrankt an einem seltsamen Fleckfieber, dass ihn nach wenigen Tagen tötet. Dafür sterben zwei der Außerirdischen bei einem Ausflug mit einer Forschungssonde beim Zusammenstoß mit einer Passagiermaschine über dem Himalaja.

Fazit:

Sehr fantasiereiche Darstellung eines ersten Kontakts, der aber unter handwerklichen Unzulänglichkeiten beim Schreiben leidet. Schade, dass Spiethoff danach nicht weitergeschrieben hat – vielleicht hätte sich das ausgewachsen. Ich hätte gern weitere Probleme der technischen Raumfahrt durch seine Brille angesehen.

Kritik

„Die Handlung reduziert sich auf die Darstellung der fehlschlagenden Kontaktaufnahme und weist nur wenige unterhaltende Qualitäten auf“, urteilte das Standard-Lexikon „Die Science-fiction der DDR – Autoren und Werke“ von Erik Simon und Olaf R. Spittel über das Büchlein.

Über das Buch Besuch aus dem All

Mir liegt die erste Auflage des Paperbacks vor, dass 1973 im Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik erschienen ist. Auf 197 Seiten wird die Geschichte erzählt, dem folgt ein Nachwort des Verfassers.

Lektorat führten Karl Jaeschin und Helge Paulus. Der Umschlag stammt aus der Feder von Karl Fischer. In der Reihe „Das Taschenbuch“ bekam Besuch aus dem All die Reihennummer 153.

Klappentext

Alles schaute gespannt auf die nun voll geöffnete, dunkel gähnende Ausstiegsluke. Plötzlich ein Schrei in die erwartungsvolle Stille! Auf der Leiter erschien ein Weltraumfahrer, der aussah wie eine riesige Kellerassel!

Alle Anwesenden beschlich ein eigenartiges Gefühl. Auf ihren Gesichtern spiegelten sich Erstaunen, Neugier, Ungläubigkeit und Überraschung. Obwohl sie genau wußten, daß die Wesen anders als wir Menschen aussehen können, ja müssen, hatten sie sich doch alle unbewußt die Raumfahrer wenigstens menschenähnlich vorgestellt. Oder handelte es sich hier etwa nur um einen vorausgeschickten Roboter?

Über den Autor Wolf D. Spiethoff

Wolf-Dieter Spiethoff, Quelle: „Die Science-fiction der DDR - Autoren und Werke“ von Erik Simon und Olaf R. Spittel
Wolf-Dieter Spiethoff, Quelle: „Die Science-fiction der DDR – Autoren und Werke“ von Erik Simon und Olaf R. Spittel

Wolf-Dieter Spiethoff war Diplomchemiker und Chemie-Ingenieur. Ursprünglich arbeitete er in der Forschung, später im VEB Farbenfabrik Wolfen, später im Chemiekombinat Bitterfeld. Besuch aus dem All blieb seine einzige Science-Fiction-Erzählung. Ansonsten sind nur Fachartikel von ihm überliefert. Auch beim Thüringer Literaturrat wird Spiethoff erwähnt.

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