Auf Vilm regnet es ständig

Karsten Kruschel – Vilm – Die Eingeborenen – Teil 2

Was sich im ersten Teil der Vilm-Trilogie noch als regennasse, monotone und pessimistische Kolonisierung eines fremden, lebensfeindlichen Planeten anlässt, wird im zweiten Teil Die Eingeborenen zügig turbulent – und ordnet die Geschehnisse um den Absturz des Weltenkreuzer Vilm van der Oosterbrijk in den interstellaren Kosmos ein. Was Karsten Kruschel so unheimlich detailverliebt in Handlung, Umwelt und Figuren im ersten Band beginnt, lässt auch im zweiten Teil nicht nach.

Im Gegenteil: offenen Enden werden verdrahtet, angedeutete Geheimnisse werden gelüftet und neben den Serafimen und Zentraliern kommen ganz neue Arten und Welten in die Handlung gepurzelt: Die Abgesandten von Karna und Utragenorius etwa, oder die Galdäer. Und was haben die Päpste von Vatikan mit den Siedlern auf Vilm zu tun. Und welches Geheimnis will die Goldene Bruderschaft auf dem Regenplaneten verhüllen?

Auf Vilm regnet es ständig
Auf Vilm regnet es ständig

Was in diesem diplomatischen Mikrokosmos (witziges Wortspiel für eine Space Opera, gell?) an Spannungen aufgebaut wird, behindert nicht die kleinen Nebenhandlungsstränge, die Karsten Kruschel wieder einbaut, um dem Leser auf ganz eigenwillige Art zu ermöglichen, in den Alltag der ersten Siedler wider Willen und ihrer Kinder, die in Symbiose mit dem Planeten leben, einzudringen und daran teilzuhaben.

Taucht Will in der Geschichte auf, dann ist man beinahe versucht, die Hand zu heben und zu rufen „Wo hast du denn die letzten Seiten über gesteckt. Komm, setz dich. Wir trinken einen Kaffee miteinander. Einen echten, von Serafim.“ So sehr sind einem die Charaktere ans Herz gewachsen.

Fazit

Allein diese lebendigen Charaktere reichen aus, einem auch den zweiten Band ans Herz wachsen zu lassen. Neben der reichlich fantastischen Story (die ich an dieser Stelle nicht zu sehr spoilern will – nur so viel: Kruschel schließt die Klammer zum Beginn des ersten Teils) hält auch Teil 2, was der erste Teil verspricht. Nicht umsonst haben beide Bände zusammen den Deutschen Science Fiction Preis gewonnen.

Jetzt bin ich gespannt, ob sich diese Kurve auch im dritten Teil Das Dickicht so fortsetzt.

Über das Buch Vilm – Die Eingeborenen

Vilm - Die Eingeborenen - Karsten Kruschel - Umschlagillustration: Ernst Wurdack - mit freundlicher Genehmigung des Verlages
Vilm – Die Eingeborenen – Karsten Kruschel – Umschlagillustration: Ernst Wurdack – mit freundlicher Genehmigung des Verlages

Diesmal sind es 224 Seiten, die der Wurdack-Verlag in Nittendorf dem zweiten Erzählungsreigen vom Regenplaneten unter dem Dirigat von Karsten Kruschel spendiert. Das Buch ist dort 2009 unter der ISBN 978-3-938065-54-9 erschienen. Auf der Webseite des Verlages gibt es eine Leseprobe als PDF.

Ein Hörbuch gibt es (leider noch) nicht.

Die Geschichte des Buches ist fast ebenso spannend wie das Buch an sich. Die ersten Ideen dazu reichen zurück in die 1980er Jahre. Bereits in Das kleinere Weltall begegnet uns das Suchkommando für die Vilm van der Oosterbrijk, das als Der glückliche Lotse den Auftakt zu Die Eingeborenen macht. Es gibt aber noch ältere Kapitel des Buches, dass zur Wendezeit schon einen Verlagsvertrag hatte – und dann doch nicht erschien. Jahrelang lag diese wunderschöne Geschichte brach, bevor der Wurdack-Verlag darauf aufmerksam wurde und 2009 extrem überarbeitet und zweiteilig als „Der Regenplanet“ und „Die Eingeborenen“ erschien. Aus den Reaktionen auf die beiden Bände entstand dann im Anschluss noch der dritte Band „Das Dickicht“. Genau nachlesen kann man die Geschichte des Buches beim Autor selbst.

Klappentext

So hatten sich das die Retter an Bord der Armorica nicht vorgestellt: Statt sich evakuieren zu lassen, fordern die Schiffbrüchigen der Vilm van der Oosterbrijk, dass ihr Planet als unabhängige Welt anerkannt wird. Damit lösen sie eine diplomatische Krise aus, denn der wenig attraktive Regenplanet weckt unerklärbare Begehrlichkeiten: beim Flottenkommando auf Atibon Legba, der Goldenen Bruderschaft, den Päpsten von Vatikan, bei Versicherungskonzernen und Journalisten. Die Vilmer, deren ganzer Reichtum aus einer riesigen Schutthalde besteht, scheinen all dem hilflos ausgeliefert. Aber sie bringen ihre Widersacher immer wieder ins Grübeln, nicht zuletzt über die Frage, ob Vilmer überhaupt noch Menschen sind …

Über den Autor

Karsten Kruschel wurde 1959 in Havelberg geboren. Er brach ein Studium der Pflanzenproduktion in Halle ab, war kurzzeitig pflegerische Hilfskraft in einer Nervenklinik in Magdeburg und studierte 1980-1984 Pädagogik an der PH dieser Stadt. Anschließend unterrichtete er in Leipzig-Grünau in Deutsch und Geschichte und absolvierte seinen Ehrendienst in der NVA; seit 1987 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der PH Leipzig.

So stand es 1989 noch im Klappentext zu Das kleinere Weltall. Mittlerweile ist ein Doktortitel hinzugekommen – Karsten Kruschel promovierte über die Science-Fiction-Literatur in der DDR.

Karsten Kruschel hat zwei Mal den Deutschen Science Fiction Preis und 2016 den Kurd-Laßwitz-Preis gewonnen.

3 Kommentare

Schreibe einen Kommentar zu Karsten Kruschel – Vilm – Das Dickicht – Teil 3 – Der phantastische Bücherschrank Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.